unter uns - maxhaus - düsseldorf (d) - 2010
unter uns
Der niederländische Künstler Bart Drost hat seit 1983 ein vielseitiges und
oft überraschendes Werk geschaffen. Überraschend für den Betrachter ist Drosts
Kunst dann, wenn
er sich gerade in eine thematische Richtung, einen Stil oder
eines der vielen von ihm benutzten Medien hineingesehen und eingewahnt hat.
Aber so lebendig und unvorhersehbar wie ein Spiel, sind auch die Wendungen, die
Bart Drost auf seinem Spielfeld, der Kunst, vollführt. Zeichnungen, die Basis
allen Schaffens, stehen neben grossformatigen - an die art brut gemahnenden - Malereien.
Keramische Bodenfliesen wechseln mit zarten, amorphen Porzellanreliefs ab.
Abstrakte, mit Tragegriffen versehene interaktive Wandreliefs leiten über zu
grossen Rauminstallationen und Environments.
Doch ebenso: fragilste Keramik-Figuretten, kleine Seelchen, ephemeren
Geisterwesen gleich, vom Forscher in unbekannten Sphären aufgespÜrt und gesammelt.
In Kästen konserviert blicken sie von den Wänden auf uns herab - hier, im
Maxhaus vom Künstler bewusst in Dialog zur benachbarten Kirche gebracht. Und
all das mit diesem immer wahrnehmbaren, aber nie aufgesetzten, leichten,
spielerischen Gestus, der sich gerade an ernsten, schweren Themen bewährt.
Bart Drost kann nicht anders. Er ist dieser 'homo ludens', wie ihn sein
Landsmann, der Kunsthistoriker Johan Huizinga als den Archetypen des Künstlers behauptet
hat. Hat alle Kunst und Kultur seinen Ursprung im Spiel, so entspringt Drosts
Kunst wiederum der Beschäftigung mit diesem mythischen Hort und Reservoir des Spiels,
der eigenen Kindheit und damit der eigenen Person.
Das vielen Künstlern - nicht selten aus
eigentherapeutischem Grunde -
gemeinsame Kreisen um sich selbst und ihre individuelle Geschichte
weitet Bart
Drost seit 2006 nunmehr aus in die Lebenskreise anderer Menschen. Diese
Welt
der Anderen ist eine Welt der seelisch Kranken und Verletzten. Sein
Porträt-Projekt 'unter uns' entfaltet auf drei Gängen des Maxhaus-Kreuzgangs eine
Porträtgalerie von Menschen, die ihm während seiner Arbeit als
Kunsttherapeut begegneten.
Welche Spuren haben diese Menschen im Gedächtnis des Künstlers
hinterlassen? Als
nachträgliche visuelle Rekonstruktionen im Atelier entstanden, geben
seine
Bilder das wieder, was er aus dieser Zeit an Eindrücken und
Verständnissen gewann. Drost wurde zum empathischen Chronist der
Zustände und
Befindlichkeiten der Patienten. Aber es ist nicht unbedingt das 'Kranke', das 'Patient
sein', was Bart Drost sichtbar macht, sondern er zeigt - manchmal brutal
in
seiner
Direktheit und Naivität - immer aber einfühlsam und mit
bewundernswerter
Fähigkeit zur Identifikation, dass er Menschen begegnete, wie du und
ich. Wir sind 'unter uns'.
C. Pöggeler